Was taugen Zyklus-Apps?

Von Ivrea Florio, 16. Januar 2019

Der Markt für mobile Applikationen, sogenannte Apps, wächst rasant und ist ein riesiger Marktanteil der Softwareindustrie geworden. Von daher erstaunt es nicht, dass diese Industrie den weiblichen Zyklus und die Vorhersagbarkeit respektive Bestimmung des fruchtbaren Fensters entdeckt hat. Sei dies wie bislang für die Verhütung, aber auch immer häufiger auch zur Unterstützung eines Kinderwunsches.

Das Prinzip dabei ist nicht neu, nämlich die Bestimmung des fertilen Fensters durch Beobachtung oder Messung verschiedener Zyklusparameter. Neu ist die Übertragung der Zyklusbeobachtungen an eine App, welche die Auswertung übernimmt. Diese Apps sollten also relativ präzise in der Vorhersage sein, da eine Abweichung von nur wenigen Tagen eine grosse Auswirkung haben kann: Bei Kinderwunsch führt das schlimmstenfalls zur Enttäuschung, bei Verhütung jedoch zu einer ungeplanten und ungewünschten Schwangerschaft.

Wie funktionieren reine Zyklus-Apps?

Anhand von Daten aus vergangenen Zyklen wie Zykluslängen oder früheren Temperaturanstiegen wird die fruchtbare Phase prognostiziert. Nun muss man wissen, dass der normale Zyklus eine relativ grosse Schwankungsbreite aufweist. Da stellt sich die Frage, was ein durchschnittliches fruchtbares Fenster nützt?

Der Eisprung und damit das fruchtbare Fenster verschieben sich ebenfalls von Zyklus zu Zyklus und können so nicht vorhergesagt werden. Ein Vergleichstest verschiedener Zyklus-Apps gegenüber ultraschallkontrolliertem und nachgewiesenem Ovulationstag zeigte in vier Zyklen keine exakten Vorhersagewerte, sämtlich getestete Zyklus-Apps lagen falsch, dies um mehrere Tage! Aufgrund der physiologischen Schwankungen der Zykluslänge und des Eisprungs lässt sich das fruchtbare Fenster nicht einfach anhand von vorhergehenden Zyklen vorhersagen und muss im aktuellen Zyklus bestimmt werden.

Mein Fazit:

Reine Zyklus-Apps sind nicht zu empfehlen, da das effektive fruchtbare Fenster oft verpasst wird. Sie können aber einen Überblick des Zyklusverlaufes geben und helfen, sich mit dem eigenen Zyklus vertraut zu machen. Ein neuer Parameter, der einfach und präzise das fruchtbare Fenster zuverlässig vorhersagt, ist derzeit noch nicht in Sicht. Es gibt auch keine adäquate, obligatorische Prüfung, die Genauigkeit der Apps basiert nur auf den Angaben der Hersteller.

Dennoch vertrauen immer mehr technikaffine Frauen diesen Apps: So erleben meine Kolleginnen und ich immer öfters, dass die Patientin im Rahmen eines Kontrolluntersuchs zur Feststellung, ob es zu einer ausreichenden Eizellreifung gekommen ist und wann mit dem Eisprung zu rechnen ist, findet, das Untersuchungsergebnis könne nicht stimmen, denn ihre App sage etwas anderes. Da bin ich manchmal schon etwas perplex.